Vom: 12.12.15 ZEIT ONLINE 11.12.15

Herzensangelegenheit im Nebenjob

Mehr als 20.000 Stiftungen gibt es in Deutschland. Viele existieren aus dem Idealismus von Menschen heraus, die im Hauptberuf ganz andere Ziele haben.

Auch das Schicksal von Beatrice von Keyserlingk hat zur Gründung einer Stiftung geführt. Auslöser dafür war der Tod ihres Lebensgefährten: Christian Liebig war Journalist und starb 2003 bei einem Raketenangriff in Bagdad. Ziel ihrer Unternehmung ist es, den Menschen in Afrika Bildung zu ermöglichen. Ihr Lebensgefährte liebte Afrika.

“Wir hatten schon häufig darüber gesprochen, was gute Entwicklungshilfe ist und was nicht so viel taugt. Bildung ist kein Almosen, man ist auf Augenhöhe mit den Menschen, gibt ihnen ein Handwerkszeug, mit dem sie selbstständig sein können”, sagt die 46-Jährige.

Kinder in Malawi.

Dieses Ziel wollte sie nach dem Tod ihres Partners intensiv verfolgen. Mit seiner Familie, seinen Kollegen und Freunden gründete sie die Christian-Liebig-Stiftung, deren Grundkapital aus Liebigs Lebensversicherung stammte, um ein Zeichen zu setzen: “Ich wollte dem wahnsinnigen Irakkrieg etwas Hoffnungsvolles, etwas Zukunftsgerichtetes entgegen setzen.”

Rechtlich gesehen ist die Stiftung ein eingetragener Verein. Dadurch hat von Keyserlingk mit dem Problem zu kämpfen, dass sie die Stiftungszwecke nicht mit Zinserträgen aus dem eigenen Kapital realisieren kann.

Doch das macht nichts. Die Münchnerin ist hauptberuflich Goldschmiedemeisterin und arbeitet auch Vollzeit in dem Beruf. Seit 16 Jahren kümmert sie sich für ihren Arbeitgeber um den An- und Verkauf von antikem Schmuck, ist viel im Ausland unterwegs und häufiger Gast auf Messen.

Alle Freizeit steckt Beatrice von Keyserlingk in das Projekt

Beatrice von Keyserlingk mit Schülerinnen der CLS-Sekundarschule.

Nach Feierabend ist sie dann für die Stiftung aktiv, ebenso am Wochenende und in den Ferien. Dann kümmert sie sich um den Aufbau von Schulen in Malawi, um Schulspeisungen, Lehrertrainings, die Vermittlung von Stipendien und das Aufrechterhalten des Netzwerkes vor Ort. Gibt es Veranstaltungen, auf denen sich die Stiftung mit einem Stand präsentieren kann oder Afrika-Tagungen innerhalb Deutschlands, opfert von Keyserlingk dafür teilweise ihren Urlaub.

“Es fühlt sich tatsächlich so an, als ob ich zwei Jobs habe. Ich nenne auch immer beides, wenn ich nach meinem Beruf gefragt werde. Und bin glücklich damit.”

Mit der Zeit wurden Schulen gegründet oder renoviert und das Wohnheim für Mädchen gebaut. Ein anderes Projekt ist ein Nähkurs. Dabei strahlten die Mädchen und Jungen der Sekundarschule in Mpanda wie Honigkuchenpferde, als sie einen Tag lang bunte Taschen nähen und in die Arbeit eines Schneiders hineinschnuppern durften. Dafür ließen sie sogar das Mittagessen sausen! „Es war wirklich erstaunlich. Als die Pausenglocke läutete, blieben die Schüler wie festgenagelt auf ihren Stühlen sitzen. Alle wollten unbedingt ihre Stücke fertignähen. Dass sie das Essen ausfallen lassen, habe ich vorher nie erlebt“, lacht Beatrice. Die Nähmaschinen bleiben an der Schule stehen, damit die Kinder möglichst oft nähen können.

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